Bernhard Moors
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut
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Bernhard Moors, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut aus Viersen und Vorstandsmitglied der Psychotherapeutenkammer NRW (PTK NRW), äußert sich besorgt über die psychischen Auswirkungen von Kontaktbeschränkungen und Homeschooling auf Kinder und Jugendliche und den strukturbedingten Mangel an Psychotherapie-Angeboten. (Westfalenpost, 03.02.2021)
im Januar 2021: Zitate von Kindern: „Corona, Corona, Corona, immer nur Corona… Mama ich höre nur noch Corona- Infizierte, Corona-Tote, mach das Radio aus… Corona ist blöd… ich vermisse so sehr meine Klasse… ich will wieder in den Kindergarten… warum soll ich mir in der Schule noch Mühe geben, bekomme eh keine Rückmeldungen…. Am liebsten wäre ich tot… ich sitze den ganzen Tag an den Aufgaben der Schule und verstehe nichts… warum soll ich aufstehen …ich will meine Freundin wieder treffen… ich habe Angst, auch dass meine Großeltern an Corona sterben… wann ist Corona wieder weg… können wir irgendwann wieder „normal“ leben?.... bestimmt nie wieder…also zocken bis der Arzt kommt…
Kindertagesstätte geschlossen, Schule geschlossen, kein Sport im Verein möglich, keine Kinder- oder Jugendgruppen möglich, keine Sozialkontakte … und wie lange dauert diese Situation noch? Wann kommt womöglich der nächste Lockdown?
Der zweite Lockdown bei der Bekämpfung der Corona Pandemie trifft Kinder, Jugendliche und deren Familien besonders hart. Keine Schule, keine Kindertagesstätten, kein Sport, keine Gruppe, keine Sozialkontakte zur Gruppe der Gleichaltrigen zehren nicht nur an den Nerven der Eltern, sondern behindern Kinder und Jugendliche auch massiv in ihrer psychischen und sozialen Entwicklung. Insbesondere die jetzt langanhaltenden Kontaktsperren sind für Kinder und Jugendliche extrem, sind sie doch in ihrer Entwicklung auf die Gruppe der Gleichaltrigen angewiesen. Auch die sehr unterschiedlichen Bildungsbedingungen durch Distanzlernen in der Schule führen zunehmend zu erkennbaren Bildungsdefiziten und ungleichen Bildungschancen, da viele Kinder sich alleine dieser Art des Lernens nicht gewachsen fühlen. Bei Abschlussklassen wächst die Angst den angestrebten Abschluss nicht zu schaffen. Homeschooling von morgens 9 Uhr bis abends 18 Uhr, kaum Ausgleich außer Fernseher, Netflix, Gaming und Co. Bei vielen jungen Menschen führt dies zu Langeweile, Antriebslosigkeit, Perspektivlosigkeit, mangelnder Motivation und Zukunftsängsten. Die psychischen Belastungen, die Kinder und Jugendliche nunmehr fast seit einem Jahr in unterschiedlicher Form erleben, sind insgesamt alarmierend. Vorhandene seelische Belastungen verstärken sich oder lösen neue behandlungsbedürftige psychische Störungen aus.
Auch wenn bei manchen Kindern und Jugendlichen Ressourcen aktiviert wurden, kreativ mit der Gesamtbelastung umzugehen, trifft dies für eine zunehmend größer werdende Gruppe nicht zu.
Vermehrt zeigen sich Angst-, Zwangs- und Essstörungen, Leistungsabfall, Versagensängste sowie Depressionen und eine Beschäftigung mit dem Tod. Kinder und Jugendliche erleben auch die Mehrfachbelastungen der Eltern durch z.B. Homeoffice und Homeschooling, Sorge um den Arbeitsplatz, was oft zu deutlich mehr Spannungen im häuslichen Umfeld führt und erleben häufiger als zuvor auch häusliche Gewalt. Eine ausgleichende Unterstützung stärkender Ressourcen durch alterstypische Sozialkontakte fällt seit Monaten weg. Der Medienkonsum steigt bei vielen älteren Kindern und Jugendlichen enorm, was einhergehen kann mit einer völligen Auflösung der Tagestruktur (Aussage eines Jugendlichen: „zocken bis der Arzt kommt….“).
Wir werden lernen müssen auch mit diesem Virus, dieser SARS-COV-2/Covid 19 Erkrankung zu leben, umzugehen, wie mit anderen Erkrankungen auch. Es wird entscheidend werden, schon jetzt Konzepte und Ideen für eine Zeit nach dem Lockdown zu entwickeln, die außer einem Ausgleich der entstandenen Lerndefizite auch die emotionalen, sozialen und seelischen Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen im Blick haben.
5 Tipps für Familien die Zeit im Lockdown zu überstehen:
Starke Belastung durch die Corona-Pandemie
Weit über 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland leiden unter dem erneuten Lockdown während der zweiten Coronawelle. Fast jedes dritte Kind ist momentan psychisch auffällig, vor der Pandemie traf dies nur auf jedes fünfte Kind zu. Zugenommen haben vor allem Ängste und psychosomatische Beschwerden. Kinder sind niedergeschlagen, gereizt, haben Kopf- oder Bauchschmerzen oder können nicht einschlafen.
Lesen Sie mehr unter Link zur BPtK: https://www.bptk.de/fast-jedes-dritte-kind-ist-psychisch-auffaellig/
Bernhard Moors, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut im Gespräch mit
FOCUS-Online-Redakteurin Anna Schmid:
Freitag, 04.09.2020: In einer Wohnung in Solingen wurden fünf tote Kinder gefunden, ihre Mutter soll sie umgebracht haben. Oft hören andere Kinder im Radio, Fernsehen oder Internet von derart schlimmen Vorfällen. Wie können Eltern angemessen auf die Sorgen ihres Nachwuchses reagieren?
Polizisten machten am Donnerstag eine grauenhafte Entdeckung: Die Beamten fanden fünf tote Kinder in einer Privatwohnung im nordrhein-westfälischen Solingen. Verantwortlich für ihren Tod soll die eigene Mutter sein. Die 27-Jährige wurde am Nachmittag ins Krankenhaus gebracht; zuvor hatte sie versucht, sich am Düsseldorfer Hauptbahnhof das Leben zu nehmen. Deutschlandweit sorgt der Fall aktuell für Entsetzen.
Während die meisten Erwachsenen mit solchen Schocknachrichten umgehen können, verstehen gerade jüngere Kinder oft nicht, was passiert ist. Wenn sie im Radio oder Fernsehen von den Geschehnissen hören, ist die Verunsicherung groß. Was können Eltern tun, um ihren Nachwuchs weder zu verängstigen, noch die Sorgen ihrer Kinder zu ignorieren?
"Eltern sollten Sicherheit, Ruhe und Geborgenheit vermitteln"
Der Kinder- und Jugendpsychotherapeut Bernhard Moors sagt im Gespräch mit FOCUS Online: "Wenn Kinder solche Vorfälle mitbekommen und danach fragen, sollte man auf jeden Fall auf sie eingehen. Wichtig ist, sie zu fragen, was genau sie bisher wissen und wo sie von den Ereignissen gehört haben." Denn erst dann könnten Eltern gezielt auf die Fragen ihrer Sprösslinge eingehen. Ähnlich sieht es auch die Kinder- und Neuropsychologin Kathrin Mikan.
Sie erklärt: "Das Drama in Solingen ist etwas, das Angst und Schrecken Stress auslösen kann. Daher ist es zentral, Kindern Sicherheit, Ruhe und Geborgenheit zu vermitteln. Stress und Angst können langfristig zu Konzentrations-, Schlaf- oder noch schwerwiegenderen Problemen führen." Im Fall der getöteten Kinder in Solingen könne man den eigenen Sprösslingen beispielsweise erzählen, dass so etwas sehr selten vorkomme und dass sie zu Hause in Sicherheit seien.
Auf Kinder, die Mitleid für die getöteten Jungen und Mädchen aus Solingen empfänden, könne man laut Mikan noch auf andere Art eingehen. "Eltern könnten dann zum Beispiel sagen, dass die Kinder im Himmel sind und mit ihren Sprösslingen eine Kerze für die Opfer anzünden, um sie bei der Verarbeitung des Themas zu unterstützen", schlägt die Kinderpsychologin vor.
"Kinder brauchen die Ansprache, sie müssen Fragen stellen dürfen"
Doch nicht alle Kinder fragen sofort nach, wenn sie von einem Vorfall wie dem in Solingen hören. "In solchen Fällen sollte man seinen Nachwuchs beobachten und abwägen", meint Jugendtherapeut Moors. Auf keinen Fall sei es angebracht, mit schlimmen Informationen über die Kinder hereinzubrechen und sie so zu verängstigen. Auch Mikan meint: "Prinzipiell ist es natürlich besser, wenn die eigenen Kinder von selbst zu einem kommen. Wenn man aber merkt, dass etwas nicht stimmt und sie sich ängstlich verhalten, dann sollte man darauf reagieren."
In jedem Fall sei es laut Moors jedoch wichtig, seinem Nachwuchs ehrlich zu antworten. "Kinder brauchen die Ansprache, sie müssen Fragen stellen dürfen. Je nach Alter kann man aus manchen Vorfällen auch den Schrecken herausnehmen, immer geht das jedoch nicht", sagt er. Verbrechen, Unfälle oder andere schlimme Ereignisse, von denen Kinder etwas mitbekämen, dürften weder überdramatisiert noch zu sehr heruntergespielt werden. "Ehrlich, aber nicht hysterisch sein", fasst es der Experte zusammen.
Räumliche Nähe ein entscheidender Faktor
Auf einen Aspekt weist Moors jedoch noch hin: Die räumliche Nähe. Denn wenn sich ein Verbrechen im Nachbarort ereigne, sei das meist deutlich belastender für Kinder als ein Mord in einer weit entfernten Stadt. "Dann wird in der Regel auch empfohlen, in Schulen oder Kindergärten über die Thematik zu sprechen", sagt der Psychotherapeut.
Er erinnert an den Fall Mirco: Der 10-jährige verschwand, nachdem er einen Skaterpark im nordrhein-westfälischen Grefrath besucht hatte. Nach über 100 Tagen wurde seine Leiche gefunden, ein Mann aus der Region hatte ihn sexuell missbraucht und anschließend getötet. Viele Kinder aus der Umgebung kannten den Jungen, weshalb sie besonders betroffen von dem Mordfall waren.
"Bilder von Gewalt können sich ins Gehirn von Kindern einbrennen"
"Bilder von Gewalt und Verwüstung können sich letztlich ins Gehirn von Kindern einbrennen", meint Mikan. Daher hält sie es für sinnvoll, mit Kindern keine "Erwachsenennachrichten" zu schauen. Sollte sich der Nachwuchs schon früh für das Weltgeschehen interessieren, empfiehlt sie Formate wie die Kindersendung "Logo". Darin werden Nachrichten altersgerecht aufbereitet. Die Gefahr, gerade jüngere Kinder mit Gewaltbildern zu verängstigen, sei dort am geringsten.
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SO FUNKTIONIERT DIE VIDEOSPRECHSTUNDE
Im Juli 2020: Es ist soweit, auch wir können Ihnen jetzt für besondere Situationen eine Online-Videosprechstunde anbieten. Dabei läuft die psychotherapeutische Sitzung ähnlich ab wie in der Praxis, wir befinden uns nur an getrennten Orten. Der Austausch erfolgt am Bildschirm, ohne dass Sie hierzu in die Praxis kommen müssen.
Dies kann hilfreich sein, wenn eine Therapie ansonsten wegen eines längeren Aufenthaltes an einem anderen Ort (z.B. Praktika), einer spezifischen Erkrankung o.ä., wochenlang unterbrochen werden müsste. Ein aktuelles Beispiel ist auch die Cornoa Pandemie Krise, wenn z.B. jemand in Quarantäne muss.
Wichtig: Die Videosprechstunde ist kein Ersatz und wird von uns auch nicht als Alternative für eine Psychotherapie, die von Angesicht zu Angesicht abläuft, angeboten.
Für die Videosprechstunde benötigen Sie keine besondere Technik: Computer, Tablet oder Smartphone mit Bildschirm oder Display, Kamera, Mikrofon und Lautsprecher sowie eine Internetverbindung reichen aus. Die technische Verbindung läuft über einen Videodienstanbieter, den die Praxis beauftragt und der besondere Sicherheitsanforderungen erfüllen muss (u.a. Ende zu Ende Verschlüsselung). Damit ist sichergestellt, dass das, was wir besprechen, auch im „Therapieraum“ bleibt.
Eltern werden gebeten Ihren Kindern einen gesicherten und störungsfreien Raum für diesen besonderen Fall zur Verfügung zu stellen.
Der genaue Ablauf wird mit Ihnen, bzw. mit den Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Einzelfall abgeklärt.
von Jannetta Janßen, Reporterin RP
Rheinische Post, Viersen 17. April 2020:
Angesichts von Corona erleben Familien eine nie da gewesene Situation. Sie müssen zu Hause bleiben und das seit Wochen. Soziale Kontrollen werden erschwert. Je länger es dauert, desto größer wird die Belastung.
Schulen geschlossen, Kindertagesstätten ebenfalls – und eine Lösung für alle ist in den kommenden Tagen erst einmal nicht in Sicht. Zumindest werden viele Eltern mit den Einschränkungen die nächsten Wochen so weiterleben müssen.
Bernhard Moors ist Kinder- und Jugendpsychotherapeut und kennt die Konflikte und Probleme von Familien nur zu gut. Fünf Wochen sind Familien jetzt zu Hause, zudem gibt es noch bis 3. Mai Kontaktsperren. Keine Großeltern, keine Freunde treffen. Eine enorme Belastung für Kinder, aber auch die Eltern. „Langsam macht sich zusätzlich zu der Isolation auch die Angst bei den Kindern bemerkbar“, sagt der Therapeut, der seit 1997 praktiziert. Fragen wie „Was passiert, wenn ich die Großeltern doch besuche, können sie dann sterben?“ bewegen derzeit auch seine kleinen Patienten. Für Kinder und Jugendliche, die unter Angststörungen leiden, sei dieser Zustand gerade eine zusätzliche Belastung. Betreuungsprobleme bei arbeitenden Eltern, Überforderung, Gewalt unter Ehepartnern, eine vollständige Auflösung der Tagesstruktur können sich auch aufgrund der Enge in den Wohnräumen in dieser Zeit verstärken.
Seit dem 16. März sind dem Kreisjugendamt 15 neue Fälle bekannt geworden, die „einer Hilfestellung bedürfen“, heißt es auf Anfrage unserer Redaktion. Es handele sich jedoch nicht um konkrete Kindeswohlgefährdung. Seit dieser Zeit waren in drei Fällen Abklärungen einer möglichen Kindeswohlgefährdung erforderlich, in einem Fall kam es zu einer Inobhutnahme und stationären Unterbringung.
Für das Kreisjugendamt Viersen habe der Schutz vor Gewalt und Missbrauch von Kindern und Jugendlichen weiterhin oberste Priorität, betont Lothar Thorissen, Leiter des Amts für Jugend, Schule und Familie des Kreises Viersen. „Die konkrete Umsetzung ist jedoch ein schwieriges Unterfangen.“ Flexible Lösungen seien gefragt.
Die Arbeit des Jugendamts hat sich sich zwar aufgrund der Corona-Pandemie zwangsläufig verändert, doch die Mitarbeiter seien weiterhin bei möglicher Kindeswohlgefährdung jederzeit über andere Kanäle erreichbar. Auf konkrete direkte Kontakte werde verzichtet – stattdessen wird telefonisch, per Videoanruf oder über Facebook mit betroffene Familien kommuniziert. „Im Sinne des Kinderschutzes werden zwingend notwendige Maßnahmen durch das Kreisjugendamt gewährt“, betont Lothar Thorissen. Er sagt aber auch: „Ein längerfristiger Notbetrieb ist zunehmend schwierig.“
Bernhard Moors weiß, wie wichtig für die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen Bildungseinrichtungen sind. Statt Schule würden sie in den sozialen Medien lesen, was sie gerade alles nicht dürfen, erklärt der Psychologe. Und auch die unterschiedlichen Informationen jeden Tag würden weiter zu Verunsicherung führen. „Das Ausmaß der seelischen Belastungen bei vielen Kindern und Jugendlichen wird sich in einigen Wochen oder Monaten zeigen“, glaubt der Kinder- und Jugendpsychotherapeut aus Dülken.
Er rät allen, besonders in diesen Zeit aufmerksamer zu sein, nachzufragen, wenn etwas auffällt.
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Im Dezember 2020/ Januar 2021:
Um die Ausbreitung des Corona Virus ( SARS-CoV-2/ COVID 19) zu verlangsamen, haben Bundes- und Landesregierungen in Deutschland drastische Maßnahmen zur Einschränkung des öffentlichen Lebens beschlossen.
Das Ziel ist es, die weitere Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen und die Gesundheitsversorgung im ambulanten und stationären Bereich aufrechtzuerhalten. Psychotherapeutische Praxen gehören zur ambulanten Gesundheitsversorgung und haben einen Versorgungsauftrag.
Wir erfüllen unseren Versorgungsauftrag auch in der derzeitigen Krise. Die Praxis bleibt geöffnet.
Wir passen unser Hygienekonzept laufend den aktuellen Erfordernissen an. Aufgrund der Größe der Praxisräume können wir alle erforderlichen Abstands- und Hygieneregeln einhalten. Um Ihre und unsere Gesundheit zu schützen, bieten wir im Bedarfsfall an, Sitzungen auch als Videotherapie durchzuführen.
Es ist uns wichtig, gerade in diesen Zeiten für die von uns betreuten Kinder, Jugendlichen und Familien zur Verfügung zu stehen und die Behandlungen wie vereinbart durchzuführen. Wir wollen dazu beitragen, dass die durch diese Krise zusätzlich verursachten psychischen Belastungen abgemildert werden.
Bei Fragen rufen Sie uns an!
/ Kinder stark machen gegen sexuelle Gewalt /
Psychotherapeut Bernhard Moors über Hintergründe und Vorbeugung bei sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen
Im Oktober 2019: Nicht erst seit den Vorfällen auf einem Campingplatz in Lügde/ Westfalen wird deutlich, dass es meistens nicht der „fremde, böse Mann“ ist, der sich Kinder von der Straße wegschnappt.
Missbrauch passiert häufig in Situationen, in denen Bekannte oder Verwandte eine Vertrauensbeziehung des Kindes ausnutzen – zum Beispiel auch Bedürfnisse nach Zärtlichkeit fehlinterpretieren. Labile Kinder, die auf der Suche sind nach Zärtlichkeit und einer guten Beziehung und Kinder, die sich viel selbst überlassen werden, sind stärker gefährdet als gefestigte kleine Persönlichkeiten. Wer allerdings die Vorstellung hat, ein Kind „aus gutem Hause“ sei gegen Übergriffe gefeit, der irrt: Kinder aus allen gesellschaftlichen Schichten sind von sexuellem Missbrauch betroffen.
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Woran erkennen Eltern, dass ihr Kind Opfer geworden ist?
Wenn das Vertrauensverhältnis zu den Eltern gut ist, dann öffnen sich die Kinder ihnen in der Regel auch. Zudem gibt es Indizien, die darauf schließen lassen, dass mit dem Kind etwas nicht stimmt. Aber Vorsicht vor dem reinen Checken möglicher Anzeichen! Viele der Auffälligkeiten kommen nicht nur nach sexuellen Übergriffen, sondern auch bei anderen seelischen Problemen, Störungen und auch entwicklungsbedingt vor. „Entscheidend ist, dass gravierende Verhaltensänderungen plötzlich auftreten“. Dann sollte man nach den Ursachen suchen. Beispiele können sein:
Das Entscheidende ist, dass plötzlich eine oder mehrere Verhaltensweisen auftreten, die man an seinem Kind so noch nicht beobachtet hat.
Wie sollten Eltern reagieren?
Auf keinen Fall panisch oder überstürzt reagieren, wenn man ein Symptom an seinem Kind beobachtet. „Erst mal tief durchatmen, Ruhe bewahren und nicht das Schlimmste vermuten“, rate ich als Psychotherapeut. Sollte man einen Anfangsverdacht haben, gilt es, dem Kind ganz genau zuzuhören. Was erzählt es? Wie reagiert es auf ein Hinterfragen des Gesagten? Weicht es aus? Man kann sich auch selbst Unterstützung bei einem Experten suchen, wenn man unsicher ist, um besser einzuschätzen, was mit dem Kind ist: „Hier kann unter fachkundiger Leitung geklärt werden, ob wirklich etwas an einem Verdacht dran ist oder man etwas überempfindlich reagiert und das Verhalten des Kindes andere Ursachen hat.“ Wenn ein Kind sich einem eindeutig anvertraut, sollte man ebenfalls ruhig und empathisch reagieren. Das hilft, die aufkeimenden Schuldgefühle, die Opfer in der Regel entwickeln, zu mindern. Ab diesem Zeitpunkt ist auch eine Vorstellung bei einem Experten, z.B. einem Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sinnvoll.
Gewalt und Missbrauch sind i.d.R. traumatische Erfahrungen, die unbehandelt ein ganzes Leben schwer beeinträchtigen können.
Gibt es ein Kindesalter, in dem Übergriffe gehäuft stattfinden?
Studien belegen, dass bei Kindern und Jugendlichen der Gipfel zwischen drei und sieben Jahren liegt. Das bedeutet: 49 Prozent der Opfer sind sieben Jahre alt und jünger, wenn sie missbraucht werden. 23 Prozent sind über zwölf Jahre alt. Das liegt u.a. daran, dass sich kleine Kinder weniger wehren können, das Machtgefälle und die Abhängigkeit von Erwachsenen größer ist. Den Umkehrschluss, dass Teenager deshalb weniger gefährdet sind, kann man natürlich nicht ziehen. Sie befinden sich in einer Lebensphase, in der Pubertät, in der Selbstfindung eine bedeutende Rolle spielt. Dazu kann auch gehören, den eigenen Körper exzessiv zur Schau zu stellen.
Wie kann man Kinder stärken und schützen?
Die schlechte Nachricht zuerst: Es gibt nie einen hundertprozentigen Schutz. Die gute Nachricht: Natürlich gibt es Möglichkeiten, Kinder stark zu machen, um sie vor einem möglichen sexuellen Missbrauch zu bewahren.
Aus langjähriger Erfahrung in meiner Psychotherapeutischen Praxis fällt auf, dass die Kinder, die innerlich stark sind und sich wehren können, geschützter sind. Wichtig ist, dass die Kinder gelernt haben, „Nein!“ sagen zu dürfen, wenn irgendwas passiert, was sie nicht möchten. Eltern, Erzieher*innen und Lehrer*innen sollten deshalb darauf achten, ein Nein von Kindern auch zu respektieren. Kinder, die es gewohnt sind, das ihr Nein zählt und ernst genommen wird, bringen es bestenfalls auch in der Gefahrensituation eines sich anbahnenden sexuellen Übergriffs an. Als Psychotherapeut rate ich auch zu Präventionsmaßnahmen wie z.B. „starke Eltern, starke Kinder“. Denn Eltern sollten sich im Vorhinein mit dem Thema beschäftigen, um ihre Kinder zu starken Persönlichkeiten zu erziehen. Vorbeugende Projekte im Kindergarten und in der Schule können ein wichtiger Baustein sein. Wichtig ist, dass die soziale Kompetenz des Kindes gefördert wird, damit es sich in brenzligen Situationen auch angemessen widersetzen kann.
Welche Rolle spielen Internet-Chats und Social Media?
Das hängt davon ab, welchen Zugang die Kinder zum Internet haben. Die Kleineren werden ja eher nicht unbeaufsichtigt ins Internet gehen. Durch Simsen, Surfen und Chatten auch via Smartphone kann sich kinderpornographisches Material schnell und einfach verbreiten. Eine Gefahr für die Kinder sind auch Soziale Netzwerke: „Man weiß oft nicht, wer sich hinter einem Pseudonym verbirgt.“ Ich erlebe es öfter in der Praxis, dass Kinder in Sozialen Netzwerken auf Menschen hereinfallen. Aufgrund ihrer eigenen emotionalen Verfassung, wenn sie labil sind, können sie Opfer sexueller Ausbeutung oder Misshandlung werden.
v.l.n.r: Bernhard Moors, Barbara Lubisch, Oliver Kunz, Birgit Wich-Knoten, Herrmann Schürmann, Gerd Höhner, Andreas Pichler, Cornelia Beeking
/ Vorstandswahlen der PTK NRW am 28. August 2019
in Dortmund /
Düsseldorf, 30.08.2019: Am 28. August 2019 wählte die konstituierende
Kammerversammlung der Psychotherapeutenkammer NRW (PTK NRW) ihren neuen
Vorstand für die Wahlperiode 2019 bis 2024.
Gerd Höhner, seit 2014 Präsident der PTK NRW, wurde mit großer Mehrheit im Amt bestätigt. Ebenfalls mit großer Mehrheit bestätigte die Kammerversammlung Andreas Pichler, seit 2014
Vizepräsident der Kammer, in seinem Amt.
Nach Beschlussfassung der konstituierenden Kammerversammlung gehören dem neuen Vorstand der PTK NRW statt bislang fünf nun sechs Beisitzerinnen und Beisitzer an. Mit jeweils deutlicher Mehrheit wiederbestellt wurden Cornelia Beeking, Barbara Lubisch, Bernhard Moors und Hermann Schürmann. Als neue Beisitzende wurden mit zahlreichen
Stimmen Birgit Wich-Knoten und Oliver Kunz gewählt. Birgit Wich-Knoten ist als
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin in Münster niedergelassen, der
Psychologische Psychotherapeut Oliver Kunz führt eine Praxis in Mülheim an der
Ruhr.
Mit den vorliegenden Wahlergebnissen wird die Vorstandskoalition von einer breiten Mehrheit in der Kammerversammlung getragen. Insgesamt gehören der Kammerversammlung der PTK NRW in dieser Wahlperiode 110 Mitglieder an.
Weiterführende Informationen unter www.ptk-nrw.de
/ Interview mit einem Kinderpsychotherapeuten /
Rheinische Post online vom 27.11.2018 und
Print Ausgabe vom 29.12.2018 im Hauptteil Rubrik Panorama A7
Viersen, 27.11.2018.
Hat mein Kind ADHS? Wieso ist es bloß so wütend? Und muss ich mir Sorgen machen, weil es nicht in die Schule will? Der Viersener Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut Bernhard Moors kennt die seelischen Nöte von Heranwachsenden.
Von Sebastian Dalkowski (seda), Reporter bei der Rheinischen Post.
Aus welchen Gründen kommen Kinder und Jugendliche in Ihre Praxis?
Bernhard Moors Gerade komme ich von einem Termin in einer Schule wegen eines zehnjährigen Kindes. Das hat Wutausbrüche und will nicht in die Schule gehen. Es kommen momentan Kinder zu mir, die beißen, treten und schlagen, andere werden gemobbt, haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren. Ein elfjähriges Kind sagte, es wolle nicht mehr leben. Dann habe ich gerade Kinder mit Schlafstörungen, Essstörungen, Depressionen, Ängsten und mangelnden Sozialkontakten in Behandlung. Missbrauch ist selten ein Anmeldegrund, sondern wird eher während der Therapie aufgedeckt.
Das klingt dramatisch.
Moors Ja, das ist auch dramatisch, denn hier geht es nicht um Befindlichkeitsstörungen, sondern um Schicksale. Das war auch vor 20 Jahren schon so.
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Haben Kinder und Jugendliche Störungen, die Erwachsene nicht haben?
Moors Grundsätzlich nein, sie stellen sich häufig nur anders dar. Kinder und Jugendliche geraten schneller aus dem Gleichgewicht. Das gestörte Gleichgewicht kann nach einer kurzen Zeit wiederhergestellt und eine Krise überstanden sein. Es kann aber auch sein, dass Kinder und Jugendliche kritische Situationen ihrer Entwicklung nicht so gut verarbeiten. Das kann zu großen Belastungen und damit zu seelischen Störungen und Erkrankungen führen, die nicht von selber heilen. Wichtig ist, dass wir scharf unterscheiden: Ist das eine krankheitswürdige Störung oder geht es um einen sogenannten normalen Entwicklungskonflikt des Kindes?
Sie arbeiten seit über 20 Jahren als Kinder- und Jugendtherapeut. Haben sich die seelischen Nöte Ihrer Patienten verändert?
Moors Es gibt heute eine wesentlich höhere Akzeptanz für psychische Krankheiten, das gilt auch für Kinder und Jugendliche. Während es früher oft peinlich war, zum Psychotherapeuten zu gehen, weil man dann als verrückt galt, sehen Kinder heute eher positiv, dass da eine Instanz jenseits von Elternhaus oder Schule versucht, ihre seelischen Nöte zu verstehen. Heute Morgen in der Schule kamen auch die anderen Kinder zu mir gerannt, das betroffene Kind konnte fast damit angeben. Psychische Krankheiten werden früher erkannt, genauer diagnostiziert und fachgerechter behandelt. Aber es gibt auch gesellschaftliche Veränderungen, die die Zahl der psychischen Störungen haben
steigen lassen.
Welche Veränderungen sind das?
Moors Die Individualisierung der Gesellschaft hat viele Vorzüge, aber auch einige Nachteile.
Großfamilien oder Nachbarschaften sind nicht mehr in dem Maße da wie früher. In einer
Kleinfamilie oder bei Alleinerziehenden ist bereits der normale Tagesablauf anstrengend. Wenn die Eltern durch ihre Arbeit gebunden sind, wird schon die Beaufsichtigung und Betreuung der Kinder schwierig.
Viele Erwachsene haben Angst, dass die Digitalisierung ihren Kindern schadet, wenn diese ständig auf ihr Smartphone schauen. Ist das Quatsch?
Moors Nein, das ist kein Quatsch. Jede gesellschaftliche Veränderung kann vorhandene seelische Entwicklungen bestärken. Aber wir können auch nicht so tun, als wäre die Digitalisierung etwas Schreckliches, sondern müssen lernen, damit umzugehen. Wir wollen ja auch nicht mehr zur Postkutsche zurück. Das ist für die Erwachsenen häufig schwieriger, weil sie damit nicht aufgewachsen sind.
Haben Sie viele Kinder mit Konzentrationsschwächen in Ihrer Praxis sitzen?
Moors Ja, aber das hat nicht unbedingt etwas mit der Digitalisierung zu tun, sondern damit, wie sich Eltern und andere wichtige Bezugspersonen den Kindern zuwenden. Digitalisierung hin oder her – auch hier gilt der Erziehungsauftrag, einen vernünftigen Umgang damit zu lernen. Andererseits kann die Digitalisierung auch zu Suchtverhalten beitragen. Alles, was günstig ist, kann man ungünstig nutzen. Da müssen wir den Begriff der Spielsucht neu definieren, so dass er nicht mehr nur Automaten in Spielhallen oder ähnliches umfasst, sondern auch für Computer- und Medienkonsum gilt. Aber das betrifft vielleicht drei bis vier Prozent der Gesellschaft.
Gibt es gewisse Moden, was sich Jugendliche antun?
Moors Auffällig viele ältere Kinder und Jugendliche verletzen sich selbst, in sehr unterschiedlicher Form. Einige schneiden oder ritzen sich, andere reißen sich die Haare raus, knabbern sich die Nägel blutig ab bis auf die Fingerkuppen, schlagen mit dem Kopf auf den Boden oder gegen die Wand. Selbstverletzung ist ein Hinweis darauf, dass sie Schwierigkeiten haben, die sie überfordern.
Ab wann ist es sinnvoll, zu Ihnen zu kommen?
Moors Nicht jede Auffälligkeit ist Hinweis auf eine seelische Erkrankung. Aber wenn es über einen längeren Zeitraum geht, plus minus ein halbes Jahr, dann empfehle ich, das abzuklären. Besser einmal zu viel abgeklärt als einmal zu wenig. Eltern werden auch häufig verunsichert durch Medien und Verwandte und Bekannte. Da sagen andere Eltern schon mal: Hatte mein Kind auch, geh mal lieber zum Psychotherapeuten. Dabei hat dasselbe Verhalten nicht unbedingt dieselbe Ursache.
Schleppen Eltern ihre Kinder zu früh zum Therapeuten?
Moors Ich habe Ihnen ja vorhin Gründe genannt, aus denen Kinder und Jugendliche zu mir
kommen und eine Psychotherapie machen. Ebenso gibt es aber Kinder und Jugendliche, die keine Psychotherapie benötigen, weil es sich beispielsweise lediglich um einen gelegentlichen Wutausbruch handelte und eventuell auch der Anlass erkennbar war. Wenn sich Eltern im Rahmen einer Trennung laufend heftig streiten, kann Wut eine adäquate Reaktion des Kindes sein. Eltern können nicht erwarten, dass das Kind nur passiver Zuschauer ihres Streits bleibt. Aber es ist nicht so, dass immer mehr Eltern viel zu früh mit ihren Kindern in meine Praxis kommen. Eine frühe Abklärung ist auch eine Art Prävention. Eher habe ich den Eindruck, dass einige Eltern viel zu spät kommen. Von zehn Anmeldungen brauchen drei keine Therapie, bei ein bis zwei Fällen müssen wir über eine stationäre Behandlung nachdenken, die anderen brauchen eine mittel- bis langfristige Therapie.
Denken noch immer alle Eltern, ihr Kind habe ADHS?
Moors Diese Zeiten gab es. Da galten fast alle Kinder als ADHS-Patienten, die verhaltensauffällig waren. Das ist zum Glück wieder etwas rückläufig, auch weil wir Psychotherapeuten immer wieder informiert haben. Die Eltern sollten genau hinschauen. Es reicht nicht, wenn sich das Kind nur in der Schule auffällig verhält, aber zuhause oder im Musikorchester oder Sportverein nicht.
In unserer Gesellschaft muss man möglichst schnell wieder funktionieren. Dürfen Kinder eigentlich noch in Ruhe trauern oder gelten sie schon nach vier Wochen als depressiv?
Moors Das scheint in einzelnen Fällen tatsächlich so zu sein, ohne dass ich dazu wissenschaftliche Untersuchungen kennen würde. Da betrachte ich mit Sorge, was uns aus den USA mit den neuen Diagnostikkriterien ins Haus schneit. Das Kriterium für eine nicht bearbeitete Trauer soll von bisher sechs Monaten auf 14 Tage reduziert werden. Danach würde man bereits von einer Depression sprechen. Das halte ich für schwierig. Das ist, als wenn man einem Kind sagt, das mit drei Jahren und zwei Monaten noch nicht trocken ist: Du bist ein Einnässer.
Viele Kinder und Jugendliche haben in Ihrer Praxis zum ersten Mal Kontakt zu einem Therapeuten. Gegen welche falschen Vorstellungen müssen Sie vorgehen?
Moors Tatsächlich haben manche die Sorge, dass sie in eine Zwangsjacke gesteckt werden. Viele Kinder stellen es sich wie einen Arztbesuch vor: Mann in weißem Kittel untersucht sie, gibt ihnen eine Spritze, nimmt Blut ab. Jugendliche haben eher das Bild des Psychiaters vor Augen: Da gehe ich rein und komme mit einem Medikament wieder raus. Diese Vorstellungen legen die Patienten aber schnell ab. In meiner Praxis sieht es nicht aus wie in einer reinen Arztpraxis. Die Praxis, das ist ein Schutzraum, für Kinder gibt es auch Spielzeug. Denn viele Kinder zeigen eher durch Handeln als durch Reden, was sie bedrückt.
Können Sie ein Beispiel geben?
Moors Kinder schlüpfen mit Playmobil oder Handpuppen in eine andere Rolle – wie beim Vater- Mutter-Kind-Spiel. Das hilft dem Kind, die Schwierigkeiten zu benennen. Da bekomme ich schnell mit, ob es eher um Aggressionen geht, um Unglücklich sein, um Beziehungsprobleme oder Leistungsprobleme.
Aggressive Kinder verprügeln mit der einen Puppe die andere?
Moors Oder es ist der Tonfall, der im Spiel ist. Gibt es neben der aggressiven Rolle noch eine
beruhigende Rolle? Ist ein Kind stark gehemmt oder untersucht es die Materialien direkt? Gibt es eine Affinität zu Materialien, die Möglichkeiten bieten, überhaupt aggressive Affekte
auszudrücken? Wenn ein Kind in der ersten Stunde nur mit Kanonen und Pistolen spielt, kann das schon ein Hinweis sein.
Wie bekommen Sie sonst Zugang zu den Kindern?
Moors Kinder und Jugendliche haben ein feines Gespür dafür, ob ich mich für sie interessiere oder nicht. Das beginnt schon bei der Begrüßung. Bei jüngeren Kindern gehe ich beispielsweise in die Hocke, damit wir uns auf Augenhöhe begegnen. Neulich sagte ein Kind zu mir: Herr Moors, du behandelst die Kinder, die zu dir kommen, respektvoll. Kinder wollen sich so ernst genommen fühlen wie Erwachsene.
/ Helfen Fidget Spinner einem hyperaktiven Kind? /
Fast alle jüngeren oder älteren Kinder haben mittlerweile einen oder mehrerer dieser Spielzeuge die man drehen und balancieren kann. Die einfachste Anwendung ist ihn zwischen Daumen und Zeige- oder Mittelfinger zu halten und ihn dann anzustoßen, dass er sich dreht. Darüber hinaus kann man weitere Aufgaben und Bewegungen damit bewerkstelligen, wie z.B. lange Drehzeiten oder werfen und auffangen, wobei sich der Spinner weiterdrehen muss. Er reiht sich damit ein in eine ganze Reihe von kleinen (analogen) Spielzeugen die immer wieder Kinder, aber auch Jugendliche und Erwachsene, begeistern und herausfordern können, wie z.B. Kreisel, JoJo, Fingerskateboard, Pen-Spinner u.ä. Der Name kommt aus dem Englischen, Fidget = Unruhe, Zappelphillip und spin = kreiseln, wirbeln.
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Manche Hersteller werben derzeit damit, das der Fidget Spinner ein therapeutisches Hilfsmittel sei, das insbesondere Kindern mit einer AD(H)S Diagnose helfen soll ruhiger zu werden und sich besser konzentrieren zu können. Ob der Fidget Spinner einen therapeutischen Nutzen hat ist zwar derzeit Thema einzelner Untersuchungen, wissenschaftliche Aussagen gibt es darüber aber nicht.
Meine Erfahrungen als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut lassen mich an einem ganz spezifischen therapeutischen Nutzen, der über die Anwendung und den damit verbundenem
Nutzen anderer Spielzeuge hinausgeht, zweifeln. Auch kann man sich ja einmal vorstellen wie die Wirkung wäre, wenn eine ganze Klasse im Unterricht mit dem Fidget Spinner spielt, ob die Konzentration auf den Unterricht wirklich größer wäre oder eher die Unruhe in der Klasse?
Wirklich unruhige oder nervöse Kinder benötigen zunächst einmal eine Abklärung, z.B. bei einem Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, was die Ursachen sind und ob eine seelische Erkrankung vorliegt, die einer geeigneten Therapie bedarf. Speziell bei einer AD(H)S Diagnose sind psychotherapeutische Maßnahmen, im Einzelfall ergänzt durch Medikamention, notwendig und keine Therapie mit Hilfe eines Fidget Spinners. Ob im Einzelfall Hilfsmittel benötigt werden, wird im Rahmen der Psychotherapie abgestimmt.
Fazit:
Der Fidget Spinner ist ein lustiges und durchaus empfehlenswertes Spielzeug, wenn man es nicht mit einem therapeutischen Nutzen überfrachtet.
/ HAT MEIN KIND AD(H)S? /
Mein Kind kann sich nicht gut oder nicht mehr gut konzentrieren, die Leistungen in der Schule werden schlechter oder schwanken...
Mein Kind sucht soviel Aufmerksamkeit, will immer im Mittelpunkt stehen...
Mein Kind ist so unruhig...
Mein Kind hört so schlecht zu, redet oft dazwischen...
Mein Kind missachtet immer wieder Regeln, zuhause oder in der Schule, eckt mit Mitschülern und Mitschülerinnen an...
Mein Kind träumt soviel in der Schule, es sei wenig „bei der Sache“ sagen die Lehrer oder Lehrerinnen...
Mein Kind...
/ Hat mein Kind also AD(H)S? /
Antwort: Vielleicht hat Ihr Kind AD(H)S, vielleicht aber auch nicht
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Die Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-) Störung – AD(H)S - ist eine der häufigsten Diagnosen bei Kindern und Jugendlichen. Dabei wird die Diskussion über AD(H)S in der Öffentlichkeit, aber auch unter den Fachleuten, kontrovers und teilweise emotional geführt.
In meiner Praxis erlebe ich seit Jahren, dass die Belastungen und das Leid der betroffenen Kinder und ihrer Familien groß sind und die negativen Folgen für die Kinder meist beträchtlich, weil sie durch ihre Schwierigkeiten in ihrer Beziehungs- und Leistungsfähigkeit enorm beeinträchtigt sind. Viele Eltern fühlen sich oft alleine gelassen, entwickeln Schuldgefühle oder werden mit Schuldzuweisungen konfrontiert, sie hätten ihre Kinder nicht „im Griff“. Andere Eltern und Kinder wiederum erleben eine große Verunsicherung, weil sie plötzlich mit der Diagnose, z.B. im Kindergarten oder der Schule, konfrontiert werden und unsicher sind, ob diese auf ihr Kind wirklich zutrifft.
So stellte zum Beispiel die GemünderErsatzKasse (GEK) bereits 2008 in einem Report zum Thema dar, dass aus einer Elternbefragung hervorging, dass manche schulischen Probleme von Kindern, die später eine AD(H)S Diagnose erhielten, auch aus Überforderungen des Schulsystems oder mancher Lehrerinnen und Lehrer resultierten.
Die AOK Rheinland/ Hamburg stellte 2010 fest, dass rund ein Drittel der AOK versicherten Kinder, die eine medikamentöse Therapie erhielten, wohl keine gesicherte AD(H)S Diagnose hatten, also eigentlich gar nicht mit Medikamenten behandelt werden sollten. Dies war Anlass für die AOK, ihren Versicherten eine besonders sorgfältige Diagnostik und Therapie bei ADHS anzubieten. Sie bietet seither zusätzlich einen ADHS-Vertrag an, mit dem Ziel Fehldiagnosen ebenso wie den Einsatz von nicht notwendiger Medikamention zu reduzieren und jedem Kind eine individuelle und angepasste Therapie zu ermöglichen.
Der Vertrag stellt besondere Anforderungen an die Behandlerinnen und Behandler in den Praxen. Diese erfülle ich und die Praxis nimmt an dem ADHS - Vertrag der AOK teil.
Hintergrund:
Viele Forschungsstudien zum Thema kommen zu der Erkenntnis, dass die Prävalenzrate (=die Häufigkeit) relativ stabil zwischen 2,9 % und 5,7 % liegt. Das heißt von hundert Kindern einer Altersstufe wären zwischen 3 und 6 Kinder von AD(H)S betroffen. Die Häufigkeit der Diagnose ist aber oft um ein Vielfaches höher, so dass davon auszugehen ist, dass auch viele Fehldiagnosen gestellt werden. Nach kinderpsychiatrischen und psychotherapeutischen Klassifikationssystemen verlangt die Diagnose der Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung das Vorliegen eines abnormen Ausmaßes an Unaufmerksamkeit, Überaktivität und Impulsivität, welche in verschiedenen Lebensbereichen auftreten müssen und nicht nur in einem (z.B. Schule) und andauernd, also mindestens über einen Zeitraum von 6 Monaten, zu beobachten sind. Die Ursachen einer AD(H)S Störung sind sehr vielfältig und verlangen nach einer sehr genauen und sorgfältigen Diagnose, auch um eine auf das jeweilige Kind und dessen Familie abgestimmte Behandlung zu ermöglichen.
Dabei ist das Spektrum der Symptome und beobachtbaren Verhaltensauffälligkeiten sehr groß und trifft auf viele andere seelische Erkrankungen, aber auch auf viele „normale“ Entwicklungskonflikte zu. Deshalb ist es sehr wichtig die Auffälligkeiten, die man auch Symptome nennt, sorgfältig abzugrenzen von anderen seelischen Erkrankungen, traumatischen Lebensereignissen, normalen Entwicklungskonflikten, Lebenskrisen (z.B. Verlust oder Trennung der Eltern o.ä.), Unlustgefühlen oder z.B. dem natürlichen Drang der Kinder nach Bewegung. Bewegung ist z.B. für das Wachstum des kindlichen Gehirns sehr wichtig.
Die Gefahr einer Fehldiagnose ist also groß. Deshalb darf diese nur von einem Experten für Verhaltensprobleme bei Kindern und Jugendlichen gestellt werden. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sind solche Experten und speziell ausgebildet, alle seelischen und Verhaltensstörungen zu diagnostizieren und zu behandeln.
Behandlung:
Bei AD(H)S wird sehr häufig eine medikamentöse Behandlung eingeleitet. Dabei sollte eine medikamentöse Therapie i.d.R. nur in ernsten Krisen als „Sofortmaßnahme“ und ansonsten erst dann in Erwägung zu ziehen sein, wenn psychoedukative (=Anleitung/ Beratung) und psychotherapeutische Maßnahmen nicht ausreichend wirken.
In den vielen Jahren meiner Tätigkeit habe ich den Eindruck, dass viel zu wenig die Wirksamkeit von Psychotherapie, die eine gute Alternative zur Medikamention sein kann, bekannt ist. Dabei kommt z.B. die „Frankfurter ADHS-Wirksamkeitsstudie“ von 2014 zu dem Ergebnis, dass:
In meiner Praxis führe ich seit Jahren bei AD(H)S auch psychoanalytische Therapien ohne Medikamention durch. In vielen Fällen ist es auch möglich, unter der psychotherapeutischen Arbeit eine bereits seit längerem erfolgte rein medikamentöse Behandlung langsam zu reduzieren und/ oder ganz abzusetzen.
v.li.n.re.: Bernhard Moors, Anke Pielsticker, Gebhard Hentschel, Barbara Lubisch, Michael Ruh, Ulrike Böker (Foto: Schilberg)
Gemeinsame Pressemitteilung
Wahl der Psychotherapeuten-Vertreter in der KBV
Berlin, 10. Februar 2017. Bei der Wahl der sechs Vertreter der Psychotherapeuten in der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) fanden die Kandidaten der Koalition von DPtV, bvvp und VAKJP die breite Unterstützung der Psychotherapeuten aus allen KV-Regionen. Gewählt wurden Dipl.- Psych. Barbara Lubisch, Bundesvorsitzende der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV), Dipl.-Psych. Gebhard Hentschel, stellvertretender DPtV-Bundesvorsitzender, Dipl. Psych. Dr. Anke Pielsticker, DPtV und Dipl.-Psych. Michael Ruh, stellvertretender Bundesvorsitzender DPtV sowie Dipl. Psych. Ulrike Böker, 2. stellvertretende Vorsitzende Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten (bvvp) und Dipl.-Soz.Päd. Bernhard Moors von der Vereinigung Analytischer Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten in Deutschland (VAKJP).
Die Koalition aus DPtV, bvvp und VAKJP hat sich für die nächste Wahlperiode viel vorgenommen Die Versorgung der Bevölkerung mit Psychotherapie steht für alle Gewählten im Vordergrund. Dazu gehöre, die reformierte Psychotherapie-Richtlinie mit Leben zu füllen, so dass Menschen, die Hilfe durch Psychotherapie suchen, nicht nur schnell ein erstes abklärendes Gespräch bekommen, sondern auch die anschließende Versorgung gewährleistet wird. Die vom Gesetzgeber vorgesehene Reform der Bedarfsplanung wird als Grundlage für eine Verbesserung der Versorgungssituation angesehen. Die Vergütung der Psychotherapie muss angehoben werden und eine wirtschaftliche Praxisführung ermöglichen, sind sich die Gewählten einig. Den Besonderheiten der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist Rechnung zu tragen, da die Behandlung von Kindern immer auch eine Prophylaxe für den späteren Erwachsenen ist.